1. Tatbestand: Was ist Steuerhinterziehung?
Der Tatbestand der Steuerhinterziehung ist in § 370 AO (Abgabenordnung) geregelt. Danach begeht eine Steuerhinterziehung, wer vorsätzlich durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen eine Steuerverkürzung herbeiführt oder einen sonst nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt. Steuern sind gem. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden.
Die Steuerhinterziehung bei aktivem Tun liegt dann vor, wenn dem Finanzamt gegenüber falsche oder unvollständige Angaben in der Steuererklärung, bei Steueranmeldungen oder bei Anträgen und Auskünften gemacht werden. Wer auf Grund eines Irrtums oder Versehens des Finanzamts einen finanziellen Vorteil erlangt, begeht keine Steuerhinterziehung.
Erkennt man nach Abgabe der Steuererklärung deren Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit, hat nach § 153 AO die Pflicht diese zu berichtigen.
Eine Steuerhinterziehung kann jedoch auch durch Unterlasssen begangen werden. Diese Begehungsweise ist in § 370 Abs. 2 Nr.2 AO geregelt. Kernpunkt der Regelung ist das sog.in Unkenntnis lassen der Finanzbehörden. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen kann daher nur sein, wer gemäß § 149 Abs. 1 Satz 1 AO dazu verpflichtet ist, steuerlich erhebliche Tatsachen aufzuklären.
2. Täter: Wer kann Steuerhinterziehung begehen?
Nur natürliche Personen können Täter sein. Bei Gesellschaften, z.B. einer GmbH entsprechend ihr Geschäftsführer/in, Angestellte(r) oder Steuerberater/in. Mit unserer Erfahrung beraten wir Sie in unserer Kanzlei in Hamburg bei Steuerhinterziehung – egal ob Privatperson oder Unternehmen.
3. Beweislast / Feststellungslast
Im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens gilt wie in jedem Strafverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Gerichte müssen von Amts wegen die Sachverhaltsaufklärung leisten und den richtigen Steueranspruch ermitteln.
Dem Strafverfahren vorab geht jedoch das Besteuerungsverfahren selbst, aus dem sich die Tat der Steuerhinterziehung erst ergibt. Im Besteuerungsverfahren wird die Beweislast Feststellungslast genannt. Das Finanzamt ist für die steuerbegründenden Tatsachen feststellungsbelastet. Hingegen trägt der Steuerpflichtige für die Tatsachen, die Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen oder sonstige Steuervergünstigungen begründen oder den Steueranspruch aufheben oder einschränken die Feststellungslast.
Vereinfacht bedeutet dies, dass das Finanzamt die Entstehung von Steueransprüchen beweisen muss, der Steuerpflichtige hingegen das Erlöschen des selbigen.
4. Ist das Nichtzahlen von Steuern strafbar?
Nein. Man macht sich nicht strafbar, wenn man keine Steuern zahlt. Hat man seine Steuern richtig und rechtzeitig erklärt, bezahlt diese jedoch nach Festsetzung nicht, liegt keine Straftat vor.
Das Finanzamt ist Gläubiger der Forderung, der nichtzahlende Steuererklärende ist Schuldner. Durch die Festsetzung ist die Forderung jedoch bereits tituliert und kann somit aus den Steuerbescheiden direkt zwangsvollstreckt werden.
5. Strafrahmen: Welche Strafe ist bei einer Steuerhinterziehung zu erwarten?
§ 370 Abs. 1 Satz 1 regelt den Strafrahmen für Steuerhinterziehung. Dieser sieht eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, bei einem besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren vor. Für die Strafmaßbemessung ist die Höhe der hinterzogenen Steuern ausschlaggebend. Neben den vom Bundesgerichtshof entwickelten Leitlinien zum Strafmaß bei Steuerhinterziehung, sind immer auch individuelle Gründe für eine Strafschärfung oder Strafmilderung einzubeziehen. Als erfahren Anwälte im Bereich des Steuerstrafrechts in Hamburg beraten wir Sie dazu, welche Strafe in Ihrem konkreten Fall zu erwarten ist.
6. Einstellung des Verfahren bei Steuerhinterziehung
Auch bei Steuerstrafverfahren ist eine Einstellung nach § 153a StPO möglich. Die geringe der Schuld ist dabei die wichtigste Voraussetzung, welche sich wiederum auf die Hohe der hinterzogenen Steuern bezieht. Liegt eine Steuerhinterziehung in Höhe eines Betrages bis zu 10.000€ vor, ist eine Einstellung nach § 153a StPO grundsätzlich möglich. Durch unsere Langjährige Erfahrung im Steuerstrafrecht versuchen wir immer den für Sie günstigsten Ausgang eines Verfahrens zu erwirken. Ein Einstellung nach § 153a stopp ist eine der erstrebenswerten Möglichkeiten, die wir darauf prüfen, ob Sie in Ihrem Fall in Frage kommt.
7. Selbstanzeige
Die strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 371 AO ist eine Besonderheit des Steuerstrafrechts, für die jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Es darf jedenfalls kein Sperrgrund nach § 371 AO vorliegen. So einfach wie die Voraussetzungen auf Grund der gesetzlichen Regelung zunächst scheinen, sind sie in der Praxis der Rechtsanwendung dann aber doch nicht.
Als erfahrene Strafverteidiger im Bereich des Steuerstrafrechts prüfen wir, ob in Ihrem Fall eine Selbstanzeige strafbefreiende Wirkung hat.
8. Verjährung
Bei der Verjährung ist darauf zu achten, dass zwischen Steuerrecht und Steuerstrafrecht zu differenzieren ist.
Im Steuerrecht gibt es drei unterschiedliche Verjährungen, deren Berechnung kompliziert und Einzelfallabhängig ist:
a. Steuerliche Festsetzungsverjährung
Nach Eintritt der Festsetzungsverjährung, kann das Finanzamt einen Steuerbescheid nicht mehr erlassen, nicht mehr ändern und nicht mehr aufheben.
Die Festsetzungsfrist ist in § 169 Abs. 2 AO geregelt und beträgt bei Verbrauchsteuern ein Jahr, bei allen anderen Steuern vier Jahre. Ausgenommen davon sind Einfuhr- und Ausfuhrabgaben iSd. Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Wird eine Steuerklärung bzw. Steueranmeldung abgegeben beginnt die Frist erst mit Ablauf des Jahres in welchem diese auch abgegeben wurde. Dabei beträgt nach § 170 AO die Anlaufhemmung maximal drei Jahre.
Bei Steuerhinterziehung kann sich die Festsetzungsfrist je nach Schwere der Tat um einige Jahre verlängern. Hier kommt es auf die jeweilige Fallkonstellation an.
Aber auch der Fristbeginn kann im Einzelfall variieren.
Auf Grund unserer langjährigen Erfahrung Als Rechtsanwälte im Steuerstrafrecht analysieren wir Ihren individuellen Fall und berechnen die für Sie relevanten Fristen.
b. Steuerliche Zahlungsverjährung
Ein bereits festgesetzter Steueranspruch verjährt gem. § 228 Satz 1 Abgabenordnung nach 5 Jahren, bei Steuerstraftaten- und Ordnungswidrigkeiten nach 10 Jahren verjähren.
Zwar ist der Beginn der Zahlungsverjährung in § 229 Abs. 1 AO geregelt, jedoch muss auch hier eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden, da die Zahlungsverjährung durch bestimmte Ereignisse unterbrochen werden und dadurch sogar neu beginnen kann.
c. Strafverfolgungsverjährung
Tritt die sogenannte Strafverfolgungsverjährung ein, kann die Tathandlung strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden.
Die Strafverfolgungsverjährung richtet sich dabei nach der Schwere der Tat:
Während bei der einfachen Steuerhinterziehung die Strafverfolgungsfrist nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB 5 Jahre beträgt, beträgt sie bei besonders schwerer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 Nr. 1-5 AO 15 Jahre (§ 376 Abs. 1 AO). Diese im Jahr 2021 in Kraft getretene Verschärfung auf 15 Jahre wirkt rückwirkend für alle bis 2021 noch nicht verjährten Taten.
Auch bei der Strafverfolgungsverjährung spielt der Fristbeginn eine tragende Rolle. Dieser ist jedoch wie zu erwarten von unterschiedlichen Faktoren abhängig, z.B. von der Art der Steuer, ob eine Steuererklärung abgegeben wurde oder nicht und auch ob ein Steuerbescheid vorliegt oder nicht. Hinzu kommt, dass die Strafverfolgungsverjährung durch die in § 78 StGB aufgeführten Handlungen unterbrochen werden kann und auch neu beginnt.
Die Verlängerung der strafrechtlichen Verfolgbarkeit findet ihre Grenze in der absoluten Verjährung. und beträgt jeweils das Doppelte der regulären Verjährungsfrist.
Durch unsere langjährige Expertise im Steuerstrafrecht erkennen wir alle in Ihrem Fall relevanten Fristen und beraten Sie in unserer Kanzlei in Hamburg im weiteren Vorgehen ganz individuell.
Häufig gestellte Fragen
Eine Steuerhinterziehung begeht wer: den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder.
Geldstrafen oder bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug sind für Steuerhinterziehung vorgesehen. Schwere Fälle ab 1 Million Euro hinterzogener Steuern können zu Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren führen. Zusätzlich werden oft hohe Geldbußen festgesetzt. Bei einer Steuerhinterziehung von bis zu 10.000 € kann eine Einstellung nach § 153a möglich sein. Fachkundiger Beistand durch einen im Steuerstrafrecht versierten Strafverteidiger ist in jedem Fall ratsam.
Das Finanzamt leitet ein Steuerstrafverfahren ein, wenn ein sogenannter Anfangsverdacht besteht. Dieser kann durch eine Anzeige (von Dritten oder Selbstanzeige), durch die Ergebnisse einer Betriebsprüfung, durch Kapitalanlagen im Ausland oder durch unplausible oder fragwürdige Angaben in einer Steuererklärung entstehen.
Aufgrund der Komplexität eines Steuerstrafverfahrens kann von einer Dauer von circa einem Jahr ausgegangen werden, jedoch sind auch mehrere Jahre möglich. Wurde ein Steuerstrafverfahren eröffnet, so ist es ratsam, einen Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht hinzuzuziehen.
Die Höhe der Strafe hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundlegend kann man die mögliche Strafe in drei Stufen unterteilen, abhängig von der Höhe der hinterzogenen Steuern:
- Bei einer Steuerhinterziehung ab 100.000€ werden regelmäßig Haftstrafen ausgesprochen. Diese können zur Bewährung ausgesetzt werden.
- Bei Steuerhinterziehungen von 600.000€ oder mehr werden Haftstrafen verhängt. Die Aussetzung zur Bewährung stellt hier nur noch eine Ausnahme dar.
- Werden Steuern von 1.000.000€ oder mehr hinterzogen, ist eine Haftstrafe unumgänglich. Die Aussetzung der Haftstrafe zur Bewährung ist ausgeschlossen.
Wenn Ihnen mitgeteilt wurde, dass ein Steuerstrafverfahren gegen Sie eingeleitet wurde, sollten Sie sich umgehend anwaltlichen Beistand suchen. Empfehlenswert ist ein Anwalt mit umfangreicher Erfahrung im Steuerstrafrecht. Es ist davon abzuraten, ausschließlich einen Steuerberater oder einen sonstigen Vertreter der steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe mit der Verteidigung zu beauftragen.
Die wichtigste Voraussetzung für die Einstellung stellt auch hier die geringe Schuld dar. Diese bemisst sich wiederum nach der Höhe der hinterzogenen Steuern. Grundsätzlich wird bis zu einem Hinterziehungsbetrag von 10.000 € davon ausgegangen, dass eine Einstellung nach § 153a StPO möglich ist.
Für eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO sind bestimmte Voraussetzungen erforderlich. Beispielsweise darf kein Sperrgrund nach § 371 AO vorliegen. Zwar sind die Voraussetzungen normiert, jedoch sind diese sehr komplex.
Als erfahrene Strafverteidiger im Bereich des Steuerstrafrechts können wir auf Grund mit unserer Expertise bei Steuerhinterziehungen prüfen, ob eine Selbstanzeige in Ihrem konkreten Einzelfall sinnvoll ist.